Übersetzung: Tya von www.starcitizen-universe.de
Wäre die Gravitation auf Oso II nicht so erdrückend, hätte Tonya liebend gerne selbst etwas zerdrückt. Auf Senzen. Mit einem Felsen oder dicken Stock. Stattdessen stand sie einfach nur da. Ihr Raumanzug summte, als er ihren Schweiß recycelte und in den Trinkwasserbehälter füllte.
„Was machst du denn hier?“ Erkundigte sich Senzen, als er unter ihr durch das Unterholz schleppte.
„Wie hast du mich gefunden? War das Nagia?“ Sie fühlte die ersten Anzeichen einer von Wut ausgelösten Migräne. „Hat er einen Sender an meinem Schiff angebracht? Was?“
„Beruhig dich Tonya. Du wirst noch ohnmächtig.“ Er streckte sich und schlug ihr schwer auf die Schulter als er vorbei tapste. Sie schlug seine Hand weg und folgte ihm.
„Sag es mir.“
„Was denn? Hätte ich den Ort nicht selbst finden können?“
„Nein.“
Senzen drehte sich um und sah sie tieftraurig an.
„Das verletzt meine Gefühle.“ Ein Grinsen kroch über seine Züge. Sie lachte nicht. Senzen lies sich fallen um etwas zu Atem zu kommen, bevor er fortfuhr. Er holte einen Scanner hervor und spielte eine Datei ab. Zuerst hörte man nichts, dann ein digitales verzerrtes Geräusch, verschiedene Töne und Klicks einer Audio Rekonstruktion. Tonya lehnte sich instiktiv nach vorne um besser zu hören – in dem chaotischen Signal war etwas verborgen…eine elektrostatische Trennung der Fragmente die Worte hervorbrachte.
„…Schaden… weiter….notwendig…gefunden…2456.432.1234.“
Senzen hielt die Audiodatei an. Tonya sah ihn an, ihre Wut hatte sich in Neugier verwandelt.
„Was war das?“
„Das, Tonya, war Janus.“ Senzen lehnte sich mit einem selbstzufriedenen Lächeln zurück. „Bist du jetzt beeindruckt?“ Sie starrte ihn an. „Teile seiner Programmierung waren so angelegt, dass sie automatische Status Meldungen sowohl über Funk, als auch per FSO an die Erde sendeten. Klar, es kamen nie welche dort an, was aber nicht heißt, dass sie nicht trotzdem Jemanden erreicht haben.“
„Also woher hast du sie?“
„Das ist ziemlich kompliziert, ich will dich nicht langweilen.“
„Senzen, ich schlag dich tot.“
„Schon gut, schon gut.“ Senzen lachte und hob aufgebend die Hände. „Die kurze Antwort ist, das FSO dieser Ära sendete Kommunikationspakete in Infrarot, also begann ich nach dichten Stellen von kryogenischen Gasen zwischen der Erde und dem Weg von Stanton zum eigentlich vorgesehenen Zielort der Artemis zu suchen.“
„Kryogenische Gase können Infrarot Sendungen verlangsamen,“ Tonya erkannte die logische Verknüpfung. „Aber nicht über hunderte von Jahren.“
“Offensichtlich schon, wenn die Konzentration des Gases hoch genug ist. Und wenn ich das sage, meine ich zusätzlich mit extremer Rekonstruktion und zwei gefrorenen Schiffen.“
Auch wenn sie es niemals zugeben würde, dass musste sie Senzen lassen – es war eine Entdeckung.
„Also, jetzt bist du dran.“ Senzen nippte an seinem Trinkbehälter.
„Dran mit was?“
„Wie du hierher gekommen bist.“
„Oh“ Tonya trottete davon. „Ich habe geraten.“
Senzen beeilte sich zu ihr aufzuschließen. Tonya stoppte frustriert und sah ihn an.
„Was denkst du, wo du hingehst?“
„Nenn mich verrückt, aber ich wette, deine Scanner haben dir das gleiche gezeigt – es sei denn, du rätst jetzt wieder nur.“
Sie sagte nichts, was er als Zustimmung nahm.
„Also gut. Ich bin mal ehrlich. Ich bin müde und dieses umherwandern auf dem Planeten bringt mich noch um.“ Senzen lehnte sich erneut gegen einen Baumstumpf. „Ich vermute, du hast irgendeinen verrückten, großartigen Weg gefunden hierher zu gelangen. Also, wir sind auf gleicher Ebene und ich plädiere für einen Waffenstillstand.“
Tonya musterte ihn während sie darüber nachdachte. Eigentlich wollte sie ihm nicht eine Sekunde lang vertrauen, aber sie musste zugeben, dass es nett wäre, zumindest eine Weile ihre Paranoia mal vergessen zu können. Und er hatte recht damit, dass sie unbedingt wieder runter wollte von diesem Planeten. Außerdem ergab sich vielleicht eine gute Gelegenheit ihn auszubooten. Schließlich war es sein Vorschlag gewesen.
„Du hast einen Freud gefunden.“ Tonya drehte sich um und lief los.
„Großartig. Danke Tonya. Du bist ein Schatz.“
„Ich habe nicht von mir gesprochen.“
Senzen fühlte einen leichten Schlag auf seinem Helm und drehte sich um. Zuerst dachte er an eine riesige Wurzel, die sich um den Stumpf gewunden hatte, aber es war eine wurmartige Kreatur. Es war ungefähr fünf Meter lang, mit einem harten Panzer versehen und perfekt getarnt an dem Baum.
Der Panzer öffnete sich und offenbarte eine Masse an Ranken, die jede unglückliche Kreatur schnappen würden, die auf der Oberfläche landen würden. Es streckte sich gerade nach Senzens Anzug aus, vielleicht um zu sehen, ob es genießbar war.
Senzen ging von dem Baum weg und beeilte sich zu Tonya aufzuschließen. Die Kreatur tastete noch ein wenig in der Luft herum und verschwand dann wieder unter dem Panzer.
* * * * *
Sogar unter dem Blätterbaldachin der Bäume war inzwischen jedes Anzeichen des Regens in der Hitze verschwunden. Eine Kakophonie von fremden Zirpen und Rufen schallte durch den riesigen Wald. Tonya und Senzen gingen Atem sparend still nebeneinander her. Sie sah auf ihren Scanner um zu sehen, ob sie sich noch in die richtige Richtung bewegten.
„Tonya!“ Senzen flüsterte. Sie sah Senzen in das Laub kriechen und ihr mit Gesten anzeigte, es ihm gleichzutun.
Tonya duckte sich ohne Zögern. Nachdem die Pflanzen um sie herum sich wieder beruhigt hatten, schaute sie vorsichtig daraus hervor. Zuerst konnte sie gar nichts durch die hängenden Ranken sehen, dann hörte sie etwas knacken in Verbindung mit dem rauschenden Geräusch mit dem sich etwas durch die Blätter bewegte.
Es war ein Osonianer. Das war der vorläufige Name, jedenfalls, was das UEE betraf. Bisher war es die am weitesten entwickelte Spezies auf dem Planeten und der Senat und die Wissenschaftler warteten gespannt darauf, wie sie sich selbst nennen würden. Eingehüllt in ein grobes, mit Zacken versehenes Fell um Wasser aufzufangen, stand der ungefähr 1, 53 m große Osonianer da. Um der Gravitation entgegenzuwirken waren die kräftigen Beine die längsten Gliedmaßen. Sie verbanden den Körper dort, wo bei einem Menschen die Schulter gewesen wäre. Vier Arme wuchsen aus dem Torso, wobei die oberen besser entwickelt waren, als das untere Paar.
Die sechs Augen von unterschiedlicher Größe an dem Käfer-artigen Kopf suchten den Wald ab. Die freiliegende Haut an der Stirn des Osonianers pulsierte in einem trüben Gelb, während er steinerne Klingen in seinen primären Händen hielt.
Tonya und Senzen sahen einander an. Senzen grinste wie ein Kind und zeigte ihr einen hochgereckten Daumen.
Nach ein paar Minuten der Beobachtung, veränderte sich der gelbe Schimmer an der Stirn des Osonianers zu einem neutralen Blauton. Er suchte weiter durch die Pflanzen um bestimmte Blätter einzusammeln.
Eine Stunde lang beobachteten Tonya und Senzen ihn bei der Futtersuche. Dann packte er alle Blätter in eine Tasche aus unbekannten Gewebe und bewegte sich durch die Bäume von ihnen fort.
Das schwache Signal des Scanners deutete in dieselbe Richtung, in welche der Osonianer verschwunden war. Tonya und Senzen warteten ein paar Minuten um ihm etwas Vorsprung zu geben, dann gingen sie hinterher. Noch mehr Felsen ragten aus dem Unterholz auf, als der dichte Wald allmählich in einen bewaldeten Canyon überging.
Senzen gestikulierte Tonya ihm zu folgen, während er sich langsam auf die Spitze der Canyonwand hocharbeitete. Sie bewegten sich langsam am Rand entlang. Dann hielten sie an, verblüfft von dem, was sie vor sich sahen.
Der enge Canyon endete in einem kreisförmigen Tal. Eingebettet an die gebogenen Felswände lag ein Dorf. Osonianer jeglicher Größe bewegten sich zwischen den ungefähr fünfzehn von Hand gearbeiteten Bauten aus Felsen und Holz.
Tonya überprüfte zweimal das Signal. Ihr Scanner zeigte ihr das nächste Stück der Artemis irgendwo hinter dem Dorf an. Senzen blickte über ihre Schulter auf den Bildschirm.
„Gut. Mein scan zeigt dieselbe Position. Wir können drum herum gehen.“ Er ging los, aber sie stoppte ihn.
„Warte.“, sagte sie und lies mehrere Filter durchlaufen. „Ich glaube nicht, dass es an der Oberfläche ist.“
Tonya sah über das Dorf hinweg und zeigte in die Richtung. An der entgegengesetzten Seite schien ein Tunnel in die Felswand zu führen.
„Darum ist das Signal so schwach. Es wird durch die Felsen gedämpft.“
„Großartig.“ Senzen lies sich fallen und machte es sich hinter den Felsen gemütlich, während er etwas Wasser trank. „Hast du eine Ahnung, ob Osonianer eine gute Nachtsicht haben?“
„Keine Ahnung.“ Tonya suchte sich einen guten Aussichtspunkt zum Dorf und lies sich dort nieder.
Sie überprüfte die Zeit. Die automatische Konfiguration hatte die Uhr ihres Glas auf den frühen Nachmittag SET gesetzt. Die Sekunden schienen endlos lang im Vergleich zur Standard Erden Sekunde.
Tonya vertrieb sich die Zeit damit, die Osonianer zu beobachten. Normalerweise zog sie die Geschichte der Gegenwart vor, aber sie konnte nicht leugnen, dass es faszinierend war, die primitiven Aliens bei ihrem Tagesgeschäft zu beobachten. Sie fing an, die groben Familienstrukturen zuzuordnen. Einer der Osonianer war mit kleinen, handgefertigtem Schmuck bedeckt. Sie vermutete dass dies das Oberhaupt oder eine Art Schamane sein musste.
„Es ist ganz schön unglaublich, nicht wahr?“ Sagte Senzen.
„Ja, sind sie.“, antwortete Tonya leise.
„Nein, nicht sie. Nun, ich denke teilweise sie auch. Ich meinte aber das alles hier.“ Senzen hatte sich entspannt gegen die Felsen gelehnt und überließ die Beobachtung ihr. „Ich meine, hättest du je ernsthaft gedacht, dass du mal so dicht dran sein würdest, die Artemis zu finden?“
„Noch habe ich sie nicht gefunden.“
„Ja schon, aber wir sind näher dran, als irgendjemand sonst in den vergangenen hundert Jahren. Sag mir nicht, das sich da bei dir gar nichts in deiner Seele rührt.“
Tonya sah ihn an. Es war seltsam ihn so hoffnungsvoll und optimistisch zu hören.
„Sag du mir nicht, dass du inzwischen eine Seele hast.“, antwortete sie mit einem Grinsen.
„Ich hatte immer eine Süße. Ich bewahre sie nur für besondere Ereignisse auf.“
* * * * *
Endlich brach die Nacht herein. Der Wald schien nach Sonnenuntergang erst zum Leben zu erwachen. Schwere Flügelschläge erklangen über dem Blätterdach.
Einige der größeren Aliens schienen den Eingang zum Dorf zu bewachen, aber der Rest des Osonianischen Dorfes war still.
Tonya und Senzen umrundeten das Dorf entlang der Kante des Canyons und kletterten vorsichtig an der Wand hinunter zu dem Tunnel.
Nun, bei näherer Betrachtung, schienen die Felsen so behauen worden zu sein. Vielleicht war der Tunnel schon immer da gewesen und die Osonianer hatten ihn nur erweitert. Er war ein wenig mehr als einen Meter breit und ungefähr zwei Meter hoch. Licht flackerte um eine Ecke vor ihnen.
Das Signal auf ihrem Scanner wurde stärker als sie den Tunnel betraten. Senzen sah nach hinten, während Tonya sich vorwärts bewegte. Vorsichtig näherte sie sich der Ecke und dem flackernden Licht.
Sie schob ihren Kopf um die Ecke. Der Tunnel erweiterte sich in eine große Vorkammer. Die Wände waren bedeckt mit komplexen Einritzungen und Malereien. Sogar in den Steinboden waren konzentrische, zur Mitte hin kleiner werdende Kreise eingemeißelt.
In der Mitte des Raumes ragte ein glatt geschliffener Obelisk aus dem Boden. Die Seiten waren mit Markierungen und Zeichnungen bedeckt. So sehr, dass Tonya einen Moment brauchte um zu erkennen, was es war.
Das war kein osonianischer Monolith. Es war eine Schubdüse der Artemis. Sie drehte sich um und sah Senzen, wie er mit offenerem Mund das Teil anstarrte. Er schob sich näher zu ihr hin um einen besseren Blick zu bekommen.
Tonya sah sich inzwischen die plumpen Zeichnungen an den Wänden an. Es waren Piktogramme. Sie begann zu lachen.
„Was ist so komisch?“ Senzen drehte sich zu ihr. Es war eine Geschichte von Göttern, die auf den Planeten kamen um ihren Wagen oder etwas in der Art zu reparieren. Senzen schüttelte verständnislos den Kopf. „Was ist damit?“
„Erkennst du die Anzüge?“ Tonya zeigte auf einen. Der „Gott“ trug einen Raumanzug. Es war einer der Artemis Crew – nach dem Piktogramm zu urteilen – einer von zwölf.
Sie bewegten sich an den Bildern entlang. Im letzten, bevor die Götter verschwanden, zeigten sie einen roten Stern über dem dreier Gebirge. Tonya und Senzen stoppten.
„Sie haben den Osonianern gesagt, wo sie hingehen.“, murmelte Senzen.
„Ein roter Stern. Entweder ein sterbender…“, begann Tonya
„Oder ein ganz neuer.“, beendete Senzen.
„Kallis.“, entfuhr es ihnen gleichzeitig.
Tonya begann Aufnahmen von den Piktogrammen zu machen, von der Schubdüse, von allem.
„Komm schon, lass uns gehen.“ Senzen eilte aus dem Tunnel.
Tonya konnte sich nicht losreißen. Eine der Zeichnungen zeigte die Götter, wie sie den Osonianern Feuer gaben. Bei einer näheren Betrachtung zeigte das Bild ein Wort auf dem Anzug des Gottes.
Kenlo.
Arthur Kenlo, der Chefingenieur der Artemis.
„Unglaublich.“ Tonya kicherte und machte auch davon eine Aufnahme. Sie sah sich um, um es Senzen zu zeigen, aber merkte dann, dass er schon gegangen war. Während sie den Tunnel verlies, machte sie noch einige weitere Aufnahmen.
Sie trat aus dem Tunnel und blickte auf eine gebogene Steinklinge, die auf ihr Gesicht zielte.
Das Oberhaupt/der Schamane und das gesamte Dorf der Osonianer umringte sie mit gezogenen Waffen. Die Stirn war bei allen in ein aufgewühltes Lila gefärbt.
Ein kurzer Blick nach oben zeigte ihr, dass Senzen zurück auf die Canyon Wand gelangt war. Er hob seine Hände kurz in einer ‘Was-kann-ich-schon-tun’Geste – bevor er verschwand. Tonya wandte sich wieder den wütenden Osonianern zu.
„Hi.“
Fortsetzung folgt…….
Original:
https://robertsspaceindustries.com/comm-link/spectrum-dispatch/12906-The-Lost-Generation-Issue-7
Übersetzt bitte mehr 🙂
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