Die 7. Schwadron Episode 7 – Gegen die Zeit – von SEV

Hien lehnte sich kraftlos gegen die Wand und wollte sich noch immer nicht eingestehen was geschehen war. Alac war tot. Der Alac mit dem er zusammen die Grundausbildung überstanden hatte. Der Alac mit dem er sich heimlich von der Kaserne weg geschlichen hatte. Der Alac der immer das gesamte Squad zum Lachen gebracht hatte und er war schuld an seinem Tod.

Die Flotte würde in kürze die gesamte Kolonie zerstören und Hien fragte sich, wieso Bower das tat.
Doch es war irrelevant. Sie würden zusammen mit dieser Kolonie untergehen, nur weil er nicht stark genug, nicht schnell genug gewesen war. Es war allein seine Schuld. Es war vorbei.

Nach der Zerstörung des Atmosphärengenerators würden ihnen vielleicht noch wenige Stunden bleiben, bis die Atmosphäre so instabil werden würde, dass sämtliche Luft ins All gesogen und die Strahlung aus dem Weltraum jedes organische Wesen verbrennen würde. Ihre Kampfanzüge konnten versiegelt werden, so dass sie auch im Vakuum kämpfen konnten, geschützt gegen Strahlung würde ihnen das aber nur wenige Stunden bringen. Vielleicht waren es noch 5h die sie hatten, ehe es aus sein würde. Vielleicht konnten sie es noch schaffen, ein Schiff aufzutreiben, doch wahrscheinlich würde ihnen die Flucht nicht gelingen. Und selbst wenn, hatte er den Tod einer gesamten Kolonie zu verantworten.
Hien’s Vergangenheit schien sich zu wiederholen. Wie ein böser Streich den ihm das Schicksal spielte. Doch dieses Mal hatte er nicht tatenlos zugesehen, hatte sich nicht einfach versteckt. Er hatte alles gegeben und doch hatte es nicht gereicht.
Er hatte versagt und seine Eltern, an die er nun nach so langer Zeit wieder dachte, wären mehr als enttäuscht gewesen.
Er wusste es. Und für einen Moment fragte er sich, was Sykes zu ihm gesagt hätte wenn er nun neben ihm stehen könnte. Sykes hätte einen Weg gefunden, war Hien sich sicher.

Nach einigen Momenten der Stille trat Wifi vorsichtig an ihn heran, hockte sich vor ihm nieder und sah ihn mit einem traurigen Gesicht an. Sie musterte ihn kurz, ehe sie mit sanfter Stimme bemerkte:
„ Du zitterst ja….“
Hien sah auf, blickte an seinem Armen hinab und versuchte seine Hände zu beruhigen, die zitternd in der Luft baumelten. Doch als dieser Versuch misslang, ballte er diese zu einer Faust und erklärte gedämpft:
„ Es ist meine Schuld. Alac, wenn ich nicht…..“
Doch Wifi unterbrach ihn:
„ Wenn du nicht überstürzt los gerannt wärst?“
Hien sah Wifi ins Gesicht, das ihren aufrichtigen Mitleid widerspiegelte, doch sagte er nichts und hörte ihr weiter zu:
„ Dann hättest du Bower nicht abfangen können und Alac………wär ihm dennoch in die Arme gelaufen.“
„ Aber was wenn…….“
„ Nichts aber. Hör auf dir einzureden, dass du für alles verantwortlich bist!“
Beteuerte Wifi während ihre Stimme und ihr Gesicht fester wurden:
„ Bower hat ihn auf dem Gewissen. Aber seit ich dich kenne hab ich noch nie erlebt, dass du ohne zu zögern einem verletzten Soldat oder einen verwundeten Freund links liegen lässt. Was ist los Richter? Ist es wegen dem was Bower gesagt hat? Wegen deiner Vergangenheit? Warum hast du nie davon erzählt?“
Hien kannte die Antwort, doch fand er keine Worte, die das Gewirr in sich hätten beschreiben können und so schüttelte er nur seinen Kopf und antwortete mit gekränkter Stimme:
„ Es ist die Vergangenheit. Sie kann nicht ungeschehen gemacht werden…….sie spielt keine Rolle. Das einzige was zählt……….ist die Zukunft.“
Wifi stand auf und widersprach:
„ Da irrst du dich. Denn es ist unsere Vergangenheit die über unsere Zukunft bestimmt.“
Sie trat an Hien heran, legte ihren Kopf auf seine Schulter und sagte leise:
„ Versprich mir, das du nie wieder einen Kameraden im Stich lässt. Egal was passiert, wir haben nur uns.“
Hien richtete sich ebenfalls auf, stütze sich auf einem Geländer neben dem Dachzugang ab und nickte:
„ Okay, Versprochen. Es ist sowieso vorbei, wir haben verloren.“
Maik, der nicht weit von den zwei entfernt sich mit beiden Händen auf seinen Knien abgestützt hatte, horchte auf und mischte sich lauthals ein:
„ Was? Soll das heißen das war’s jetzt? Einfach so? Wir packen zusammen und warten bis das Ende naht?…….“
Maik wurde lauter:
„ …..und mein Zuhause in Flammen aufgeht?”
Hien schielte zu Maik hinüber, der ihn mit einem zornigen Blick ansah und sich weiter äußerte:
„ Gerade DU müsstest doch verstehen, dass wir nicht tatenlos die Hände in den Schoss legen können!“
Hien’s Herz zog sich zusammen und ungewollt wurde er lauter:
„ Es ist vorbei! Ja!!! Wenn du weißt wo wir Bower finden können oder wie wir die Flotte kontaktieren können, dann los! Raus mit der Sprache!“
Maik zappelte auf der Stelle herum:
„ Aber……..es muss doch einen Weg geben! Verdammt wir müssen doch etwas unternehmen!“
Hien konnte Maik’s Entrüstung spüren, als dieser einige unsichere Schritte auf ihn zumachte und ungläubig fragte:
„ Wieso macht er das? Wieso will er alles vernichten? Verdammt, was hätte ein Mensch nur davon?“
Hien war sprachlos, er wusste es nicht. Es ging nicht um diese Kolonie, wie der Widerstand es geglaubt hatte, den Bower nur für sein Zwecke missbraucht hatte. Getränkt von Zweifeln, über sich und über alles und jeden sprach Hien diese Zweifel aus:
„ Was wenn Alac recht hatte? Und er nur Befehle ausführt? Verdammt er ist ein Phantom, dem Imperator treu ergeben.“
Entsetzt mischte Wifi sich ein:
„ Was? Welchen Sinn würde DAS ergeben?“
Gekränkt führte Hien den Gedanken fort:
„ Vielleicht ist diese Kolonie dem Imperator ein Dorn im Auge. Der Atmosphärengenerator wurde „versehentlich“ bei Kampfhandlungen zerstört………..der Imperator ist aus dem Schneider und es ist wieder einmal die Schuld von ein paar ungezügelten Frontschweinen.“
Wifi schüttelte mit dem Kopf. Ihr aufrichtige Loyalität galt der UEE und so erwiderte sie ungelassen:
„ Hey! Das glaubst du doch nicht wirklich?! Oder?“
Er wusste es nicht. Er wusste nicht woran er überhaupt noch glauben sollte und zuckte mit den Schultern ehe er seinen Blick wieder in die Leere vor sich richtete und mit gekränkter, leiser Stimme erkannte:
„ Es ist egal. Es ist vorbei.“

Einige Momente des Schweigens, die von Zweifeln und Aussichtslosigkeit geprägt waren verstrichen ehe Wifi sich abrupt aufrichtete, als hätte sie Hummeln im Hintern und sie laut mitteilte:
„ Ist es nicht!“
Hien’s Blick richtete sich auf sie und erkannte diesen Blick, den sie schon des Öfteren gehabt hatte, wenn sie gerade von einer zündenden Idee heim gesucht wurde. Maik blickte sie ebenfalls fragend an und sie erläuterte:
„ Unsere Komms! Die Kommunikation ist völlig zusammengebrochen als Bower’s Constellation in unserer Reichweite war. Der Störsender muss sich an Bord befinden!“
Das erschien Hien logisch. Die Störungen traten willkürlich auf. Erst der Handelsaußenposten, jetzt Maza. Überall wo Bower auftauchte, gab es Kommunikationsstörungen. Doch er war fort, zusammen mit seinem Schiff und sie hatten keine Ahnung wo er sich verstecken würde. Auch wenn er in Maza’s Umgebung bleiben musste um weiterhin die Kommunikation der 4ten Army-Division zu stören und so sagte er skeptisch:
„ Und wo sollen wir anfangen zu suchen? Wir haben keine Zeit die ganze Stadt auf den Kopf zu stellen. Er kann überall sein.“
Wifi trat mit einem dezenten Lächeln hervor:
„ Ich kann ihn aufspüren. Es gibt nur einige, wenige spezielle Hochleistungsstörsender die auch auf einem Schiff eingesetzt werden können, da wichtige Elektronik sonst gestört werden würde. Wenn er den Störsender wirklich auf dem Schiff hat, dann schränkt das die Vielfalt der Störsender und damit auch der Störfrequenzen ein. Wenn ich die richtige finde, dann kann ich das richtige Frequenzmuster herausfiltern, das Signal extrahieren und wir können seine Position orten!“
Hien erwiderte:
„ Ach ja? Einfach so? Er ist ein Phantom, hat für alles mindestens einen Reserveplan und macht keine Fehler!“
Wifi schnaubte:
„ Das hat nichts mit einem Phantom oder Fehler zu tun. Es ist einfach nur Technik……auch ein Phantom unterliegt den physikalischen und mathematischen Gesetzen.“
Ein Funke Hoffnung keimte in Hien auf. Wieder war es Wifi die ihm Hoffnung gab, die ihn aufbaute und mit all ihrer Hingabe einen neuen Weg aufzeigte. Maik’s verstimmte Gesicht lockerte sich und sah zwischen den beiden hin und her:
„ Das geht? Wir haben noch eine Chance?“
Hien richtete sich auf. Noch immer war er aufgewühlt, seine Gedanken schienen wirr und weit entfernt zu sein während seine Vergangenheit sich weiter in seinem Unterbewusstsein ausbreitete. Das Denken viel Ihm schwer und so sagte er etwas benommen:
„ Fang an. Ist unsere letzte Chance.“
Unverzüglich machte sich Wifi wieder an ihrem MFD zu schaffen, auf dem sie unaufhörlich herum tippte, während Hien immer noch zweifelte.
Bower hatte nur mit ihm gespielt, ihn am Leben gelassen und wusste, dass er ihn sofort hätte töten können. Doch hatte er es nicht getan und Hien fragte sich, wie sie ihn in einem erneuten Kampf besiegen sollten, falls es dazu kommen sollte und was ihn daran gehindert hatte, ihm gleich den Gar aus zu machen.
Bower hatte doch einen Fehler gemacht, auch wenn Hien nicht wusste, wieso.

Hien, Wifi und Maik streiften durch die verlassenen Straßen und hatten die Stadt inzwischen schon fast verlassen. Immer noch durchdrang das knattern und die dumpfen Explosionen der Schlacht die Straßen, während sie immer weiter auf eine einige Hundert Meter hohe Steinwand zuliefen, die das Ende der Stadt und den Beginn der Minen einläutete.
Wifi hatte Erfolg gehabt und konnte das Störsignal zurück verfolgen, das sie nun direkt zu dem Existenzgrund dieser Kolonie führte. Die Miridium Mine.
Doch es war keine gewöhnliche Mine. Es war ein ganzes System aus Abbauschächten, Bohrplattformen und Grabungslöchern die sich weit in den Untergrund ausstreckten und fast die Größe einer Stadt hatten. Mit jedem Meter den sie machten, verschwanden Wohnhäuser und Gebäude und wichen den hunderten Magnetgleisschienen, Güterwagen und Abbauplattformen, die wie schwebende Platten über den hunderten Abbaulöchern ragten. Die Umgebung wurde ungepflegter, dreckiger und an jeder Ecke standen Maschinen und dutzende Container, zwischen denen der Wind seine Spiele mit dem Sand trieb.

Muna-15 war dem Gasgiganten so nahe, dass das Miridium, das im normalen Zustand nahezu unmöglich abzubauen war, durch die Gravitationskräfte des Gasgiganten förmlich weichgespült wurde. Muna zerrte an dem Kern des Mondes und mit jeder Umdrehung zog er diesen in eine andere Richtung, wie ein interstellarer Rührbesen, der dafür Sorge, dass das ansonsten so robuste Mineral wie Gummi wirkte und sich leicht abbauen ließ.
Und so konnte es in die gesamte Galaxie verkauft werden, wo es als Legierung jeglicher Materialien verwendet wurde. Der Verkauf brachte Gewinn, jedoch nicht so viel, als das diese Kolonie einen sicheren Schutz der UEE verdient hätte.

Hien setzte einen Fuß vor den anderen, während er Wifi folgte, die sie zu Bower’s Schiff führte. Doch er war nicht ganz bei sich. Der Schutzmantel den er sich vor seiner Vergangenheit aufgebaut hatte war durchbrochen worden und nun, nachdem er wieder einen etwas klareren Kopf hatte, versuchte er krampfhaft diese Erinnerungen wieder zu verbannen.
Doch es gelang ihm nicht. Wieder und wieder wurde sein Geist geflutet und lies diesen nicht zur Ruhe kommen. Sein Kopf kämpfte dagegen an, versuchte sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren, doch zeugten Kopfschmerzen von diesem verlorenen Kampf. Er war durcheinander, wie schon lange nicht mehr.
Sein Blick richtete sich auf, und erst jetzt bemerkte er, dass sie bereits mitten im Abbaugebiet waren. Doch auch die menschenleere Umgebung hinderte die vollautomatisierten Maschinen nicht daran, weiter zu arbeiten. Zischen, klappern, fauchen und Bewegungen überall.

Langsam näherten sie sich einer Abbaumine, die sich senkrecht in den Boden bohrte. Ein großes Loch, von fast 100m Durchmesser, durchdrungen von Magnetschienen an denen unaufhörlich Magnet-Güterwagen emporschossen und das Mineral zu Tage förderten.
Hien trat an die Kante heran, blickte in den schwarzen Abgrund der nur von blauen Führungslichtern beleuchtet wurde und bis zum Miridium-Kern des Mondes führte. Ein grollen drang aus den dunklen Tiefen hervor und warme, stickige Luft stieg auf. Er blickte zu Wifi hinüber und kommentiert:
„ Lass mich raten…..“
Wifi nickte:
„ Irgendwo da unten ist er.“
Erneut blickte Hien in den Abgrund:
„ Wir haben keine Zeit einen anderen Weg zu suchen. Wir seilen uns ab.“
Maik trat an Hien heran:
„ Ich hab keine Ausrüstung für sowas! Was ist mit mir?“
„ Finde einen anderen Weg. Irgendwie müssen wir da auch wieder raus kommen.“
Maik starrte Hien an, er sah das ihm nicht wohl bei dem Gedanken war das Überleben seiner Heimat nur den beiden zu überlassen und so beteuerte Hien:
„ Wir halten ihn auf. Aber wir haben keine Zeit!“
Hien’s Puls schien schneller zu werden, im Wissen das er nicht wusste, wie er Bower stoppen sollte. Kurz blickte er zu Wifi, die sofort wusste was er von ihr wollte und auf ihr MFD sah, ehe sie bekräftigte:
„ Wenn der Kreuzer pünktlich eintrifft, haben wir noch 10min.“
Maik’s Blick verzog sich und die Befürchtung das seine gesamte Heimat zerstört werden könnte spiegelte sich in seinem Gesicht wieder als er sagte:
„ Bitte. Haltet ihn auf!“
Hien nickte und Maik wandte sich ab. Unverzüglich zog Hien einen kleinen Haken aus dem Mittelteil seiner Rüstung und verankerte diesen an einem Masten. Wifi tat das selbe und zusammen traten sie an die Kante heran. Hien schielte noch einmal nach unten, in das finstere Loch und sein Magen zog sich für einen Moment zusammen, als sich die nahezu unendlichen Tiefen unter ihm erstreckten.
Er schaltete sein Verstand aus, so schwer es für ihn im Moment auch war, versiegelte seinen Helm und lies sich rückwärts über die Kante fallen.

Bereits fast 50m Meter hatten sich Hien und Wifi in das grollende Loch hinab gelassen. Steißen sich immer wieder von der beigen Gesteinswand, durchdrungen von Stahlträgern ab um noch weiter hinab zu gelangen und erreichten nun wieder eine weitere Zwischenebene. Mitten in die Seitenwand des Lochs war ein großer Hangar eingezimmert worden, der nur spärlich beleuchtet war. Sie erreichten die Oberkante und Hien drehte sich an seinem Seil kopfüber um einem Blick in den Hangar zu werfen.
Sein Herz pochte einmal Stark auf als er die dunkle Constellation sah, die einsam zwischen einigen Dutzend Kisten und Containern auf der Landefläche stand, nicht weit von der Tankstation entfernt, deren Schläuche an der Constellation befestigt waren. Sein Stimme wurde wieder fester, als er Wifi über Komm mitteilte:
„ Wir haben ihn!“
Wifi ließ das Seil los, das automatisch ihr Position hielt und lud nochmal ihre Waffe durch:
„ Haben wir einen Plan? Squad Leader?“
Hien blickte zu ihr hinauf und erneut plagte ihn das schlechte Gewissen und die Zweifel. Wifi hatte sie hier durch geführt, bis zu diesen Punkt gebracht. Sie hatte ihn aufgebaut, immer und immer wieder. Und ihm wurde klar, dass er es ohne sie nicht geschafft hätte.
Sie hatte ihm immer die Last abgenommen wenn er selbstzerstörerisch sich die Schuld für alles geben wollte und dennoch hatte er sie abgewiesen. Doch sie hielt weiter zu ihm, betrachtete ihn als Anführer, auch wenn er diesen Posten nicht verdient hatte. Er blickte sie weiter an und erneut durchdrang ihn ein warmes Gefühl, ehe er sagte:
„ Wifi……ich……“
Doch würgte sie ihn angespannt ab:
„ 8min Richter. Wir haben jetzt keine Zeit für weitere Schuldzuweisungen.“
Er sah sie weiter an, versuchte Worte zu formulieren die seine Emotionen beschreiben sollten, doch nach einige Sekunden, in denen er keine passenden gefunden hatte, sagte Wifi ruhig:
„ Wir stehen das zusammen durch. Kein Ablenkungen, keine Furcht, keine Gefühle. Bis das hier vorbei ist!“
Hien nickte, sammelte sich, soweit es ging und erklärte:
„ Ich hab noch eine Ladung Sprengstoff. Wir jagen die Constellation zusammen mit Bower zurück in die Steinzeit.“
„ Dann müssen wir aber zusehen das wir schnell weg kommen. Das Schiff ist keine 10 Meter von der Tankstation entfernt.“
„ So oder so, wir halten Bower auf! Du gibt’s mir Deckung, ich lege den Sprengstoff aus. Dann ziehen wir uns zurück!“
Wifi nickte und erneut sah er sie an, wollte gerade wieder etwas sagen, als Wifi aktualisierte:
„ 7min!“
Hien zögerte nicht und rief in das Komm:
„ LOS!!!“

Hien und Wifi ließen sich zügig am Seil hinunter und schwangen sich in den Hangar hinein. Sofort zog Hien seine Pistole und suchte Deckung hinter einer der Kisten. Wifi hatte ebenfalls eine Deckung hinter einem Container erreicht und lugte kurz danach mit ihrer Waffe hinüber während sie bestätigte:
„ Gebe Feuerschutz!“
„ Verstanden!“
Hien sprang aus der Deckung und durchstreifte den dunklen Hangar während er einen Schritt nach dem anderen zur Constellation machte.
Jeden Schatten durchfuhr er mit der Mündung seiner Pistole, in der Befürchtung das Bower in jeder dunklen Ecke auf ihn hätte warten können.
Sein Herzschlag wurde zu einem gleichmäßigen, starken pochen. Sein Atmung wurde flach während sein Körper sich vor Anspannung immer weiter aufheizte. Noch vor einige Stunden war er nur ein einfaches Frontschein gewesen, das nur Befehle ausführte. Bereits mit dem Druck ein ganzes Squad zu führen war er nur schwer zurecht gekommen und jetzt trug er die Verantwortung für das Überleben einer gesamten Kolonie auf seinen Schultern.
Nur noch wenige Schritte trennten ihn bis zu dem Schiff und der Rettung dieses Mondes. Hien konnte den Druck spüren, der sich mit jeden Schritt weiter aufbaute während er einen Fuß vor den anderen setzte und die ersten Schweißtropfen seine Stirn hinunter liefen.
Er stellte sich jeden Menschen vor, dessen Überleben nun in seinen Händen lag, jedes Vaters, jeder Mutter, jeder Schwester und jedes kleinen Jungen, der seine Familie nicht verlieren wollte.

Als sich plötzlich unter einem summenden Geräusch das Geschütz auf dem Dach der Constellation begann sich zu bewegen. Hien erschrak für einen Moment, als der Gedanke ihn durchfuhr, dass er wieder versagt hatte. Doch augenblicklich sammelte er sich wieder und rannte los, ehe das Geschütz auf dem Schiff anfing zu feuern und sprang in einem langen Satz auf das Schiff zu. Er rollte sich ab, schlug gegen die Außenwand der Constellation und war somit aus dem Schussfeld des Geschützes. Wifi hatte nicht lange gezögert, sofort auf das Geschütz geschossen und so nahm dieses jetzt sie unter Feuer.
„ Beeil dich Richter!“
schallte ihr Stimme über das Komm und Hien zog ein kleines graues Päckchen aus einer Tasche hervor und drückte es gegen die Außenwand des Schiffs. Er stellte den Timer auf 3min, um sicherzustellen, dass egal was passieren würde, das Schiff zerstört werden würde, ehe der Kreuzer den Beschuss eröffnen würde.
Als plötzlich wieder eine eiskalte, monotone Stimme über das Komm schallte:
„ Richter? Erneut bin ich beeindruckt. Doch ich kann nicht zulassen das ihr mich aufhaltet.“
Aus dem Augenwinkel sah Hien wie sich die Seitenluke der Constellation öffnete und eine schwarze Gestalt hinaus stürmte. Hien riss sein Pistole in die Höhe und feuerte. Doch Bower verschwand hinter einigen Kisten während die Kugeln dicht hinter ihm einschlugen.
„ Deckung!“
brüllte Hien über den gesicherten Komm Kanal zu Wifi und zog eine Granate, die er sofort hinauf zum Geschütz warf.
Ein lautes Krachen ertönte und Hien rannte zurück zum riesigen Grabungsloch aus dem sie eingedrungen waren, während die Trümmerteile des Geschützes durch die Luft schossen.
Erneut ertönten Schüsse, abgefeuert aus einem MK7 Gewehr. Hien blickte zu Wifi, die in eine Gruppe Container hinein schoss und auf Bower feuerte.
Wifi hatte seine Position markiert, so das Hien sie auf seinem HUD erkennen konnte und nun ebenfalls einige Schüsse auf die Container abgab, ehe er hinter einer Kiste, kurz vor dem Abgrund in Deckung ging.
Wifi stellte das Feuer ein, als sie Bower nun wieder aus den Augen verloren hatte. Hien duckte sich, sah auf sein MFD auf dem die Zeit hinunter lief, ehe der Sprengsatz hoch gehen würde. 2M36sek. Sie mussten Bower nur noch hin halten, von dem Schiff fern halten auch wenn sie bei der Explosion ums Leben kommen würden. Er sah zu Wifi, die unbeirrt die Umgebung im Auge behielt und kontaktierte sie erneut:
„ Wifi, mach das du weg kommst. Ich halte ihm vom Sprengsatz fern!“
Wifi trotzte:
„ Von wegen, wir stehen das zusammen durch! Wie Sykes sagen würde: Wir überleben das zusammen oder wie sterben zusammen. So oder so!“
Hien wusste das es nichts bringen würde weiter darauf zu beharren. Sie würde nicht weichen und er hätte auch nichts anderes von ihr erwartet, auch wenn er den Gedanken nicht ertragen konnte, dass sie das vermutlich nicht überstehen würden.
Doch ihm blieb keine Wahl, er musste sein gesamte Konzentration auf Bower lenken.
Sie hatten fast gewonnen, keine 3min trennten sie mehr von dem Sieg und so rief er aggressiv in den offenen Komm-Kanal:
„ Wieso tust du das Bower? Wieso willst du eine ganze Kolonie vernichten?“
Hien schielte vorsichtig um die Ecke. Bower’s ausdruckslose Stimme erklang erneut:
„ Ich will es nicht……Ich muss. Das ist der einzige Weg der für mich bestimmt ist.“
Stille durchdrang den Hangar, gespenstische Stille und Dunkelheit in der sich ein Phantom mehr als wohl fühlte.
Hien wechselte die Deckung, rollte sich zu einem Container hinüber um ein bessere Sichtfeld auf seine Flanke zu haben.
Bower musste nun handeln, das verschaffte ihnen einen Vorteil. So mussten sie doch „nur“ dafür sorgen, dass er nicht die Sprengladung erreichen würde.
„ Für deine Bestimmung muss eine gesamte Kolonie sterben?“
fragte Hien zornig und erhielt prompt eine Antwort:
„ Du weißt nicht wie vielen Zivilisten ich in meinem Leben das Leben gerettet habe. Feindinformationen die ich geliefert habe, die ganze Systeme vor Angriffen bewahrt haben. Terroristenanführer die ich getötet habe, die ganze Siedlungen vernichtet hätten. Du weißt nicht was ich in meinem Leben schon alles getan habe um Menschen ihr unbekümmertes Leben zu sichern. Mein Konto ist zu voll als das ich mir nicht meinen Teil nehmen könnte, so wie es jeder in dieser Galaxie tut und mir das Leben zurück kaufe, das mir von der UEE genommen wurde.“
„ Du handelst nicht im Auftrag des Imperator? Oder der UEE?“
„ Gewiss nicht. Lass deinen Gegner im Unklaren über deine Absichten. Das schürt Zweifel. Der Zweifel in deinem Gegner, kann für dich eine mächtige Waffe sein!“
„ Warum erzählst du mir das alles? Warum hast du mich nicht getötet als du die Chance dazu hattest?“
„ Warum nicht? Es macht keinen Unterschied. Es gibt für mich nur einen Ausgang aus dieser Geschichte. Doch was ist mit dir? Weißt du warum du hier bist? Warum du ein Werkzeug der UEE bist, genauso wie ich?“
Hien sagte nichts. Doch er konzentriert sich, er würde sich nicht wieder aus der Ruhe bringen lassen und wollte stattdessen das Spielchen umdrehen und Bower ablenken. Doch unbekümmert sprach dieser weiter:
„ Ich versteh dich nicht Richter, noch nie ist mir ein Mensch untergekommen der seine Vergangenheit so sehr verdrängt. Egal was passiert ist, dein Vergangenheit ist es was dich ausmacht, sie macht dich stärker, macht dich schneller. Du musst sie annehmen, sie akzeptieren.“
„ Und du? Wirst du deine Vergangenheit annehmen, wenn du weißt das du 10.000ende unschuldige Leben auf deinem Gewissen hast?“
„ Ich habe kein Gewissen. Fühle keine Reue. Kein Bedauern oder Hass. Ich sehe nur ein Ziel und den Weg dorthin.“
Plötzlich knallte es laut, einige Meter von Hien entfernt und augenblicklich fuhr er aus der Deckung und feuerte. Doch es waren nur einige Kisten, die umgefallen waren.
Hien versuchte zu erahnen ob Bower wieder nur seine Spielchen trieb oder er wirklich in dieser Ecke hockte.
Er warf einen kurzen Blick auf sein MDF: 1min02sec. Hien’s Herz fing an zu pochen doch versuchte er Bower weiter abzulenken:
„ Worum geht es hier wirklich Bower? Wieso sollen all diese Menschen sterben?“
„ Du lernst Richter. Ablenkung. Die einfachsten Mittel sind oft die wirkungsvollsten, doch solltest du besser auf deinen Rücken aufpassen!“
Augenblicklich drehte sich Hien um, doch da war niemand und sofort wurde ihm klar, dass Bower geblufft hatte.
Plötzlich traf ihn ein harter Schlag um Rücken und der Stoß ließ ihn zur Kante des Hangars taumeln. Erst jetzt nahm er den Knall wahr und wusste das ihn ein Kugel getroffen hatte. Ein weiterer Knall ertönte, traf ihn an der Schulter und kraftlos sackte er zusammen, ehe er über die Kante in den tiefen, schwarzen Abgrund fiel.
„ Hiieeenn!!!“
brüllte Wifi über Komm und Hien sah aufblitzendes Mündungsfeuer, das den Hangar infolge eines Schlusswechsels erleuchtete während er fiel und sich innerlich verfluchte auf den ältesten Trick der Welt herein gefallen zu sein.

Plötzlich schlug er hart auf, die Wucht des Aufpralls drückte durch seinen gesamten Körper. Mühsam keuchte er, doch der Gedanke daran das Wifi in Gefahr war, verhinderte das er sein Bewusstsein verlor.
Das Komm ertönte, Wifi brüllte hinein:
„ Hien! Hörst du mich?“
Er sah sich hektisch um, fand sich auf einem kleinen Stützring der Höhle wieder, knappe 5 Meter unter dem Hangar. Er bewegte sich und spürte einen Druck auf dem Rücken, der von der nach innen gebogenen Panzerung zeugte. Doch die Kugel war nicht durchgedrungen, ebenso wenig wie an der Schulter und so keuchte Hien in das Komm:
„ Ich bin hier! Du hast keine Minute mehr! Du musst da abhauen!“
Weitere Schüsse ertönten, hallten durch das riesige Loch und Wifi antwortete entmutigt:
„ Nein, wenn ich gehe, wird Bower den Sprengsatz entschärfen. Ich kann ihn auf Abstand halten. Wenn ich gehe, haben wir verloren!“
Hien wollte es nicht wahr haben. Ein einziger Knopfdruck würde den Sprengsatz entschärfen, Dazu brauchte man keine Sekunde. Sie hatte Recht, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte und mit allen Mitteln die er hatte, gegen diese Erkenntnis ankämpfte:
„ Nein……..Wifi! Mach das du da weg kommst! SOFORT!!!“
Hien blickte auf sein MFD: 0min26sek. Ein pochen durchfuhr seine Körper und augenblicklich richtete er sich wieder auf, taumelte an die Wand, während Wifi’s Stimme, die zu einem traurigen zittern geworden war durch sein Komm drang:
„ Wir wussten das es so endet. Wenigstens kannst du dich retten…….Hien, es ist in Ordnung.“
Doch Hien hörte sie schniefen und wusste das ihr gerade eine Träne die Wange herunter lief. Mit aller Kraft sprang er die felsige Wand hoch, griff nach einer Felsspalte und zog sich an dieser hoch, während er zornig antwortete:
„ Nein! Ich hab mein Versprechen gegeben! Ich werde dich nicht im Stich lassen!“
Weitere Schüsse ertönten und Wifi keuchte wimmernd:
„ Pass auf dich auf! Du musst ab heute für mich mit Leben. Versprich mir………das du uns niemals vergisst!“
Hien’s Herz fing an in seinem Brustkorb zu hämmern, pumpte das Blut durch seine Venen und ein unwohler Schauer durchdrang seinen ganzen Körper. Seine Augen fingen an sich mit Tränen zu füllen als er sich Zentimeter für Zentimeter mit aller Kraft die er noch mobilisieren konnte, die Felswand hinauf arbeitete. Zornig, mit einem trauerndem Unterton brüllte er ins Komm:
„ NEIN! Das lass ich nicht zu! Ich werde dich nicht auch noch verlieren!!! WIFI!“
Wifi’s Stimme wurde leise und sanft:
„ Lass los Hien…….ich hoffe es wird dir gut gehen.“
Panik, Trauer und Furcht durchdrangen Hien bis auf Rückenmark. Er musste sie retten. Was sollte er ohne sie machen? Sie war alles was er noch hatte. Alles um das sich seine Welt noch drehte und so rief er panisch ins Komm:
„ Wifi! Ich……“
Plötzlich knallte es laut und ein Feuerball schoss aus dem Hangar hinaus. Die Erde bebte unter einem lauten grollen auf, ehe weitere Explosionen folgten und Steine aus den Wänden rissen. Metallteile wurden aus dem Hangar geblasen und Schutt sowie Splitter prasselten auf Hien ein. Er rutschte mit einer Hand ab, konnte sich gerade noch mit der anderen an der Felswand festkrallen, als einige Kisten und Container an ihm vorbei sausten. Der Feuerball versiegte und hinterließ schwarze Rauchschwaden die langsam an die Erdoberfläche empor stiegen.
„ NEEEIIIIN!!!
brüllte Hien und erklomm die letzten Meter der Felswand.

Hien zog sich über die Kante, panisch stand er auf und überblickte kurz das Trümmerfeld. Den einstigen Hangar der komplett in Flammen stand. Sie hatten Bower aufgehalten, doch war ihm dieser Erfolg nichtig geworden bei dem Preis den er nun gezahlt hatte.
Doch er erspähte Wifi, die regungslos vor einer Wand lag, gegen die sie geschleudert worden war. Er rannte los. Vergaß alles um sich herum und stürmte durch die Flammen. Sein Gesicht verzog sich und seine Augen kniffen sich zusammen als er sie erreichte.
Sofort drehte er sie um, erkannte das sie nicht mehr atmete und riss ihren Helm vom Kopf. Hastig legte er seine Hände auf ihren Brustkopf, drückte so fest er nur konnte während er versuchte sie wiederbeleben:
„ Verdammt, Wifi, komm schon tu mir das nicht an!“
Schnell beugte er sich zu ihr hinunter, legte seine Lippen auf die ihre und presste Luft in ihre Lunge. Doch auch weiterhin rührte sie sich nicht, während Hien’s Herz immer schneller zu schlug:
„ Komm schon, komm schon, KOMM SCHON!“
Wieder drückte er rhythmisch auf ihren Brustkorb, durch seine Verzweiflung noch ein Stück fester:
„ Wach auf! WIFI! ……….JESSIKA! Bitte wach auf!“
Hien’s Kinn begann zu zittern, ein Ader an seiner Stirn trat hervor und verzweifelt brüllte er sie an:
„ Das darfst du nicht! BITTE!!! Verdammt nochmal!! WACH AUF!!!“
Verzweifelt beatmete er sie erneut, drückte noch fester auf Ihren Brustkorb::
„ Lass mich nicht allein…..Bitte Jessi! LASS MICH NICHT ALLEIN!!!“

Das grauenvolle Gefühl der Verzweiflung übermannte ihn, als Hien klar wurde, das es zu spät war. Er sackte zusammen und nahm erst jetzt den regen Kommunikationsaustausch der 4ten Army Division und dem Oberkommando wahr, der leise in seinem Komm stattfand und dem Kreuzer neue Zielkoordinaten mitteilte. Die Kolonie war gerettet, doch Hien war es egal geworden und nahm seinen Helm ab, den er kraftlos fallen ließ.
Sanft griff er nach Wifi’s Hand und hielt sie einfach nur fest. Wie konnte sie Tod sein, wo er ihr doch noch so vieles hätte sagen wollen? Ein unbeschreiblicher Selbsthass stieg in Hien auf. Immer hatte er sie auf Abstand gehalten wo sie doch immer für ihn dagewesen war und vergebens wünschte er sich, anders gehandelt zu haben. Doch schon wieder war es die Vergangenheit geworden, die er doch so gerne hätte ändern wollen und trauerte den vorbei gezogenen Momenten hinterher.
Er saß inmitten des brennenden Hangars und ihm wurde klar, dass er der Einzige der 7ten Schwadron war der überlebt hatte. Wieder einmal war er es gewesen, wo doch gerade die anderen es mehr verdient hätten und versuchte den Gedanken zu unterdrücken, dieses Mal nicht wirklich in den Flammen zu bleiben. Vielleicht würde er sie dann alle wieder sehen und wäre nicht wieder allein.
Doch sein Blick richtete sich auf als er eine dunkle Bewegung sah und nun erkannte, dass sich ein Schatten über ihn geworfen hatte. Noch ehe er sich umdrehen konnte, traf ihn ein harter Schlag am Kopf und er verlor das Bewusstsein.


// End Transmission

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