Die 7. Schwadron Episode 4 – Verrat des Widerstands – von SEV

Hien und Emeli achteten gar nicht mehr auf das laute Klopfen an der Tür, als sie sich in seinem Zimmer die geklaute Nachspeise einverleiben wollten.
„ Danke schöööön!“
sagte er zu ihr und erhielt als Antwort ein freundliches Lächeln. Sie war schon immer sehr raffiniert und schlagfertig gewesen. Doch gab es keine bessere große Schwester. Sie teilte bereitwillig ohne auch nur die geringste Gegenleistung zu erwarten. Immer wollte sie ihn beschützen, auch wenn er sich manchmal etwas blöd dabei vorkam, das seine große Schwester auf ihn aufpasste.

Plötzlich hörten die beiden ein lautes Scheppern aus dem Erdgeschoss und erstarrten augenblicklich. Sie hörten Männer die in das Haus kamen. Ihre Mutter schrie auf und sofort wussten sie, dass etwas überhaupt nicht in Ordnung war. Hien’s Gesicht verzog sich zu einem zittrigen, weinerlichen Ausdruck während er stotterte:
„ Was ist da los?“
Ihre Mutter schrie auf und die lauten Rufe der Männer halten unter lautem Krach nach oben. Emeli fing an zu zittern, doch hastig stand sie auf und zerrte Hien hinter sich her.
„ Komm mit!“
Hien wusste nicht was da passierte, etwas stimmte nicht, seine Knie wurden zu Pudding und sein Herz fing langsam an zu rasen als der Lärm immer lauter wurde und Schüsse von draußen zu hören waren. Emeli machte den Kleiderschrank auf und steckte Hien unter Tränen hinein. Sie blickte ihn an, tief in seine kleinen blauen Augen und sagte mit wackeliger Stimme:
„ Bleib hier! Du musst hier bleiben!“
Hien hatte Angst, der Krach und die fürchterlichen Schreie waren zu viel für ihn und so starrte er seine Schwester einfach nur mit einem Schrecken erfülltem Gesicht an, als sie die Schranktüren verschloss und alles dunkel wurde.

Er hörte Schritte. Schritte die die Treppe hinauf kamen und seine Augen füllten sich mit Tränen. Emeli schrie und Hien erstarrte augenblicklich. Er konnte sich vor Angst nicht mehr bewegen und nur seine hektische Atmung verhinderte, dass er wie eine Statue ausgesehen hätte. Weitere Schritte trampelten durch den ersten Stock. Liefen durch die Zimmer, warfen Gegenstände unter lautem scheppern um. Mehre nicht enden wollende Minuten vergingen in denen er nur Krach, Schüsse und verzweifelte Schreie wahrnahm, bis eine Person das Zimmer betrat und vor Angst seine Atmung aussetzte. Er traute sich nicht mehr Luft zu holen oder gar einen Laut von sich zu geben. Sein Herz schien stehen zu bleiben. Ein unglaubliches Pochen machte sich in seiner Brust breit während pure Angst seinen ganzen Körper durchlief und er anfing zu zittern.

Plötzlich wurde die Schranktür aufgerissen und ein großer Mann, mit einigen Narben im Gesicht sah ihn ausdruckslos an, ehe er mit tiefer Stimme sagte:
„ Das Versteckspiel ist vorbei!“
Er packte Hien an der Haaren und zerrte ihn unter Schmerzen hinaus. Hien fing an zu zappeln, er schlug um sich und schrie. Wehrte sich so gut es ein kleines Kind konnte. Selbst als der Mann ihm einmal ins Gesicht schlug um ihn zur Ruhe zu bringen, wehrte er sich weiter als plötzlich seine Arme nach hinten gezogen wurden und ein kalter, harter Draht sich fest um seine Handgelenke schnürte.
„ Du kleiner Penner.“
sagte der Mann nun, als Hien den Versuch aufgab sich zu befreien und weinend auf dem Boden zusammenbrach. Der Draht schnitt in seine Haut. Sein Herz raste und seine Atmung überschlug sich als Hien klar wurde, dass er sterben würde.

Langsam wurde es wieder heller und ein kratzendes Gefühl bohrte sich in Hien’s Gesicht. Er sah sich um und fand sich mit seinem Kopf auf einem feuchten und dreckigen Boden wieder. Seine Arme waren auf dem Rücken zusammengebunden und dieses scheußliche Gefühl eines Deja Vu’s machte sich wieder in ihm breit. Es mussten erst einige Sekunden verstreichen, ehe er sich langsam fing und herum rollte. Ein Stimme erklang, die sich für ihn in diesem Moment wie die eines Engels anhörte:
„ Hien! Hien! Gott sei Dank! Wach auf!!!“
konnte er Wifi hören. Mühevoll sah er sich um, immer noch etwas benommen von dem Schlag auf den Kopf und konnte seine Squad Mitglieder ausmachen, die gefesselt neben ihm saßen. Ein Stein fiel ihm vom Herzen als er erkannte, dass ihnen nichts zugestoßen war und stöhnend fragte er:
„ Wie lange war ich weg?“
Wifi blickte ihn an und erklärte:
„ Über eine halbe Stunde. Schätze ich.“
Hien richtete sich soweit es ging auf und musterte die Umgebung. Sie waren in einen großen Raum eingesperrt und gefesselt worden. Die Waffen und Helme hatten sie ihnen abgenommen. Eine einzige große Lampe erhellte den Raum, dessen Licht sich an den feuchten Wänden wiederspiegelte, an denen Dutzende Rohre und Träger hinauf durch die Decke rankten. Eine dicke rostige Stahltür war der einzige Ausgang den Hien ausmachen konnte. Er musterte seine Kameraden und fragte unter einem langen stöhnen:
„ Alles in Ordnung bei euch?“
Rho und Wifi nickten, nur Alac quasselte los:
„ Na klar! Solange wir hier drin sind müssen wir uns wenigstens nicht mit den Vanduul herumschlagen! Es ist warm, wir haben Licht und wenn wir die Typen nett bitten, dann bringen sie uns vielleicht auch noch ein paar Kekse!“
Er machte eine kurze Pause ehe er fortfuhr:
„ Ich will ja nicht sagen ich hätte dich nicht gewarnt….“
Das Squad sah ihn erwartungsvoll an, dass er diesen Satz zu Ende bringen würde, doch zuckte er mit den Schultern:
„ Was? Ich hab dich nicht gewarnt, das war’s.“
Hien Schüttelte den Kopf:
„ Was wollen die von uns? Haben die keine größeren Probleme?“
Rho brummte:
„ Offensichtlich nicht.“

Schuldgefühle machten sich in Hien breit. Er hatte es vergeigt und wusste nicht welches Gefühl sich schneller in ihm ausbreitete. Der Zorn über die Männer die sie hier festhielten? Oder die Schuldgefühle mit dem Wissen, dass ihre Schwadron wegen ihm sterben würde? Doch Sykes würde nicht ewig warten. Er würde einen Weg finden die 7te zu retten. Irgendetwas würde ihm einfallen.
Doch der nächste Gedanke machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Sykes verließ sich auf sie. Er vertraute ihnen. Und nichts würde an der Tatsache wanken, dass die meisten Verwundeten nicht transportfähig waren. Das Gamma-Squad war ihre einzige Hoffnung und Hien war kläglich gescheitert:
„ Ich habe versagt. Es……tut mir leid.“
Alac witzelte:
„ Hast du ne Kugel?“
Etwas verwirrt starrte er ihn an ehe er sich erklärte:
„ Na so eine Wahrsagerkugel?“
Hien ging ein dezentes Lächeln übers Gesicht und Wifi bestätigte:
„ Du hättest es nicht wissen können. Woher denn auch? Du hast alles getan um schnellstmöglich wieder bei unseren Jungs zu sein!“
Hien senkte den Kopf. Er hätte schwören können, das sie ihm nach diesem Fehlschlag nicht mehr vertraut hätten und beschämt musste er sich eingestehen, dass er sie nach 2 Jahren, in der sie durch dick und dünn gegangen waren, nicht so gut kannte wie er es eigentlich sollte. Sie waren seine Kameraden, seine Freunde, ja sogar seine Familie. Wen hätte er denn sonst noch gehabt?
„ Ihr habt Recht! Wir müssen zusehen das wir hier raus kommen! Wer sind diese Kerle?“
Rho brummte in einem aggressiven Ton:
„ Mir ist egal wer die sind! Wenn wir hier raus kommen, frag mich wer die WAREN!“
ehe Wifi in die Runde flüsterte:
„ Ich hab da eine Idee! Könnte ein wenig wehtun aber……“

Sie unterbrach, als Schritte in einem gedämpften Ton durch die Tür schallten und vor dieser Halt machten. Hien wusste nicht genau was auf sie zukommen würde und rechnete mit dem schlimmsten. Womöglich würden sie exekutiert werden. Unter einem metallenen schaben wurde die dicke Tür aufgeschoben und Viktor trat hinein, mit einem selbstsicheren, arroganten Gang. Als Hien diesen erblickte, schrie er ihn ohne zu zögern an:
„ Was habt ihr vor? Wir sind hier um zu helfen!“
Doch Viktor blickte nur arrogant zwischen den Marines hin und her. Er fühlte sich überlegen, und ein selbstgefälliges Grinsen manifestierte sich auf seinem Gesicht. Als er mit ruhiger, erhabener Stimme befahl:
„ Ich will die Koordinaten von der Absturzstelle eurer Einheit!“
Hien beugte sich nach vorne und bellte ihn an:
„ Du kannst mich mal!“
Viktor lächelte finster:
„ Das war keine Bitte! Ich will wissen wie viele von euch noch übrig sind. Wo sie sich aufhalten und was sie vorhaben!“
Laut spottete Alac:
„ Die sind schon lange weg! Es gab da so’nen Ausverkauf in nem Second Hand Laden! Du weißt schon! Bikinis, Unterhosen, Zahnbürsten und son Zeugs. Da sind sie einfach verduftet!“
Viktor’s Stimme wurde ernster:
„ Pass auf das dir das Lachen nicht bald vergeht!“

Hien konnte es nicht glauben, dass Viktor in Zeiten der Not offensichtlich immer noch seinen Hass auf die UEE auslebte:
„ Was soll das alles? Es gibt eine Invasion die abgewehrt werden muss! Soll die ganze Kolonie in Flammen stehen?“
Viktor’s Miene verzog sich zu einer wütenden Fratze und ging mit schnellen Schritten auf Hien zu, als er zornig antwortete:
„ Du bist nur ein Handlanger! Ein verdammtes Frontschwein! Wage es nicht mir Untätigkeit vorzuwerfen! Das Wohl der Kolonie ist das einzige, was mich interessiert!“
Wifi versuchte ihn vergebens zur Vernunft zu bringen:
„ Dann lassen sie uns gehen und unseren Job erledigen!“
Doch Viktor wandte sich ab:
„ Ich bin nicht wie ihr. Kein Werkzeug. Wo IHR nur einen Feind seht der beseitigt werden muss, sehe ich eine Chance! Glaubt ihr eure Kommunikation wurde von den Vanduul gestört? Glaubt ihr wirklich das Vanduul problemlos die Absetszone einer Einheit Marines ausmachen und eine ganze Kompanie vom Himmel holen?“
Hien’s Herz zog sich zusammen und er knurrte fassungslos:
„ Was hast du gesagt?“
Skrupellos, ohne den Funken jeder Reue erläuterte er flach:
„ Ihr seid der einzige Truppen-Transporter der es mit überlebenden auf den Boden geschafft hat. Alle anderen wurden erfolgreich von den Vanduul vernichtet!“
Rho bellte ihn an:
„ Erfolgreich?“
und Alac zischte:
„ Du widerlicher Verräter!“
Zornig richtete Viktor seinen wütenden Blick auf sie:
„ Verräter? Wer ist hier der Verräter? Wir befinden uns hier in den äußeren Systemen. Piraten, Sklavenhändler, Terroristen, Vanduul! Sie alle stürmen auf uns ein. Und was unternimmt die UEE dagegen, unter dessen Schutz diese Kolonien stehen? Gar nichts! WIR wurden schon lange verraten. Und zwar von eures Gleichen!“

Hien kochte innerlich und musste mit aller Kraft den Drang unterdrücken, auf ihn loszugehen. Er hatte sie verraten. War verantwortlich für den Tod mehrerer Marines, seiner Kameraden und Freunde. Ein unbeschreibliches Pochen durchdrang sein inneres und die unvorstellbare Wut ließ eine Ader an seiner Stirn hervortreten. Mit knirschenden Zähnen schnauzte er ihn an:
„ Du mieses Arschloch! Sieh dich draußen um! Wie hat dein Verrat die Kolonie sicherer gemacht?!“
Trotzig erwiderte er:
„ Die Zeit wird diese Wunden heilen und in einem neuem Glanz, ohne die UEE hervorgehen. Diese Kolonie entrichtet Abgaben! Massenhafte Steuern an die UEE, die diese Kolonie fast in die Ruin treibt und wir nicht mal in der Lage sind, Waffen oder Sicherheitsdienstleister zu kaufen. Und was bekommen wir dafür als Schutz? 50 Soldaten sind hier stationiert! Bei 85.000 Kolonisten! 50 Soldaten, die hier draußen als Strafe für Fehlverhalten stationiert wurden! 50 unzuverlässige Soldaten!
Nach jedem Piratenüberfall, nach jeder Plünderung haben wir gehofft, dass die UEE endlich mehr für unseren Schutz unternehmen wird. Doch mit jeder Leiche, jedem zerstörtem Haus kam die Gewissheit, dass es keine Hilfe geben wird.
Doch ist die Kolonie-Führung trotz allem zu stur und hat zu viel Angst sich vom Imperator loszusagen. Damit sich was ändert, muss die UEE hier und heute scheitern! Damit endlich allen klar wird das wir nur als eigenständige Kolonie, unterstützt von Privaten Sicherheitsfirmen, unsere Bewohner schützen können!“
Hien erwiderte zornig:
„ Wenn WIR scheitern, wird es bald keine Kolonie mehr geben! Das ist kein kleiner Konflikt mehr, kein Piratenüberfall, es ist Krieg da draußen! Sind dir die Kolonisten völlig egal die dabei umkommen?“

Der Dicke Mann, den Hien aus den oberen Etagen des Bunkers kannte, lugte vorsichtig um die Ecke und informiert Viktor mit leiser, kaum hörbarer Stimme:
„ Bower ist angekommen!“
Hien richtete seinen Blick auf ihn, doch sofort sah der dicke Mann beschämt auf den Boden und verschwand wieder in dem Gang. Viktor antwortete auf Hien’s Aussage:
„ Heute müssen einige wenige sterben damit wir auf lange Sicht, Frieden, Wohlstand und Stabilität sichern können. Ihre Opfer sind tragisch. Aber wir werden hunderte, ja vielleicht sogar tausende Kolonisten in Zukunft retten können. Was zerstört wird, wird wieder aufgebaut und die Nachkommen werden die Freiheit genießen, die die heutigen, mit ihrem Leben bezahlen.“
Wifi entfuhr es unter einem verächtlichen Ton:
„ Und sicherlich haben sie die Menschen darüber aufgeklärt, das sie ihr Leben für ein höheres Ziel opfern?!“
„ Das Volk ist träge, müde und sie sind genauso tatenlos wie die Führungen dieser Kolonie. Auch sie müssen von der Unfähigkeit der UEE überzeugt werden. Sie müssen endgültig erkennen, dass die UEE uns weder schützen will, noch kann. Eure Einheit ist der letzte verbleibende Faktor, der dem im Wege steht.“
Hien bellte ihn an:
„ Das ist Wahnsinn! Du wirst die gesamte Kolonie in den Abgrund stürzen!“
Viktor lachte wieder:
„ Wir haben Vorkehrungen getroffen.“

Als plötzlich eine finstere Gestalt den Raum betrat. Mehrere Anzeigen und Lichter glimmten an dem schwarzen Anzug, der wie eine leichtere Version ihrer eigenen Kampfrüstung wirkte. Eine schwarze Vollmaske verdeckte das Gesicht, dessen gläsernen ausdruckslosen Augen blau leuchteten.
Hien kannte diese Gestalt, er hatte sie schon das ein oder andere Mal gesehen. Nur aus der Ferne, konnte immer nur ein paar hastige Blicke erhaschen, wenn er diese Leute vor so manch einem Einsatz wahrgenommen hatte. Wie Geister, die sich in den Reihen des UEE-Militärs tummelten. Wie Schatten die niemand wahrnahm und doch konnte man ihre Anwesenheit spüren. Und als Hien das UEE-Abzeichen auf seiner Schulter erkannte, war er sich sicher. Ein Agent der UEE. Ein Spion der berüchtigten Phantom der S.O.D.-Streitkräfte. Nun wurde ihm einiges klar. Wie sonst hätte ein einfacher Kolonist wie Viktor den gut geschützten Militärfunk stören sollen? Wie hätte er wissen können wo und wann sie abgesetzt werden? Dieser Agent hatte die Informationen geliefert, den Vanduul zugespielt und sie alle verraten.
Seine Körperhaltung strahlte die reinste Ruhe und Gelassenheit aus, als er in den Raum hineintrat und die Marines wie totes Fleisch begutachtete. Seine Stimme, wurde von der Stimmenwiedergabe seiner Maske ein wenig verzerrt und doch konnte Hien, die eiskalte Ruhe spüren die dieser Mann ausstrahlte, als er mit einem Blick auf ihre Brustpanzer, auf denen „SEVEN“ stand, Viktor erklärte:
„ Die 7te Schwadron. Unter Kommandeur Terrex.“
Viktor erklärte sich:
„ Sie haben noch nichts raus gerückt. Offensichtlich haben sie aber Verletzte, die sie bergen wollten, Bower.“
Bower richtete sich auf und wandte sich Viktor zu. Sein Tonfall blieb unverändert monoton und doch konnte man Viktor ansehen, dass sich eine Mischung aus Angst und Unterwerfung in ihm breit machte:
„ Du redest zu viel.“
Bower zog ohne zu zögern seine Waffe und richtete sie augenblicklich auf Alac:
„ Wo ist eure Einheit?“
fragte er ohne das sich seine Tonlage auch nur dezent änderte. Hien’s Herz fing wild an zu pochen und er brüllte:
„ NEIN!“
Das Squad begann ihn wild zu beschimpfen, ohne dass das Phantom auch nur einen Moment in seiner Haltung erschüttert wurde. Alac motzte ihn trotzig an:
„ Betriebsausflug nach Disney Land! Du kannst mich mal. Na komm, mach schon! Keiner wird von uns reden! Du kannst dir die Zeit sparen und uns gleich alle abknallen!“
Hien konnte die skrupellose Kälte spüren, die von ihm ausging. Er würde Alac ohne mit der Wimper zu zucken erschießen. Ohne das kleinste Schuldgefühl. Er konnte das nicht zulassen. Doch was war die alternative? Die restliche Schwadron verraten um danach hingerichtet zu werden? Sein Herz fing wild an zu pochen, während die Zeit stehen zu bleiben schien. Seine Gedanken überschlugen sich. Krampfhaft versuchte er einen Ausweg aus dieser Lage zu finden. Er konnte nicht dabei zu sehen wie die einzige Familie die er noch hatte, vor seinen Augen hingerichtet werden würde und brüllte:
„ Stopp!!!“
Zornig sah Alac zu ihm hinüber und schnauzte Hien an:
„ Du wirst ihm nichts sagen Richter! Hörst du?!“
Doch Hien gab nach und fing widerwillig an, die Koordinaten zu nennen:
„ Die Position lautet: Lima – Zulu – India – 45……..“
Doch Alac sprang auf und stürmte wie ein Rammbock Kopf voran auf ihn los. Unter einem dumpfen Knall riss er ihn zu Boden und brüllte ihn an:
„ Du wirst sie nicht verraten! Das lasse ich nicht zu!“
Viktor schritt in das Geschehen ein und zerrte Alac wieder von Hien runter, ehe er ihn mit einem starken Wurf gegen die nächste Wand beförderte. Keuchend richtete sich Hien wieder auf und führte seinen Satz, von sich selbst angewidert zu Ende:
„ …….91-12. Wir haben unsere Absetzzone um 6 Klicks verfehlt!“
Erschrocken sahen Rho und Wifi zu. Bower senkte die Waffe und befahl Viktor:
„ Mach das Schiff klar.“
Verwirrt drehte sich Viktor zu ihm:
„ Wir lassen sie am Leben?“
„ Vorerst.“
Bower verließ den Raum und Viktor wandte sich mit einem finsteren Lächeln zu ihnen:
„ Wir sehen uns wieder! UEE-Abschaum!“
Er lachte gehässig und unter einem dumpfen Knall schlug die Metall Tür zu, nachdem Viktor den Raum verlassen hatte. Mit einem Lächeln beschwerte sich Hien:
„ Musstest du gleich auf mich losgehen?“
Alac richtete sich unter einem stöhnen wieder auf und erwiderte:
„ Du hast doch gesagt, das du meinen Rammbock unbedingt sehen wolltest! Außerdem sollte es doch überzeugend sein…..oder? The Show must go on! Sieh es als Quittung für deinen Kniestoß in der Höhle!“
und lachte einmal. Wifi sah zwischen den beiden hin und her ehe sie begriff:
„ Ihr habt das nur gespielt?“
Hien nickte:
„ Und sie haben es gefressen! Aber sie werden nicht lange brauchen ehe sie merken, dass ich ihnen die falschen Koordinaten gegeben habe. Wir müssen hier raus kommen und das möglichst schnell. Wifi, du hattest eine Idee?!“
Sie nickte und erläuterte zügig:
„ Das sind magnetische Fesseln, wenn wir die Elektronik unserer Anzüge überlasten, sollte der Stromstoß die Fesseln entpolarisieren.“
Rho erwiderte:
„ Das würde unsere Anzüge braten und uns blind machen sobald wir wieder draußen sind!“
Hien stimmte Wifi zu:
„ Willst du lieber hier bleiben?“
Alac mischte sich ein:
„ Und dann? Du hast den Penner gehört! Die 7te, oder das von ihr übrig ist, ist alles was wir haben. Sie sind verwundet und die 4te Army Division in Maza kann gerade noch die Stellung halten. Wir haben keine Mittel um zurück zu schlagen und die Invasion zu beenden! Und dann ist da noch Bower, ein scheiß Phantom der UEE! Wissen wir wirklich das er ein Verräter ist? Oder führt er auch nur Befehle aus? Mir ist nicht mehr wohl bei der ganzen Sache!“
Doch Hien ließ sich nicht aus der Fassung bringen:
„ Das überlegen wir uns später, erst mal müssen wir hier raus. Wir schlagen uns zurück zur Freelancer des Schmugglers durch und kehren zur Schwadron zurück! Egal was hier los ist. Wir müssen die Überlebenden bergen!“ und dachte „Sykes wird wissen was zu tun ist.“ Doch er sprach es nicht aus. Ihm schossen die gleiche Fragen durch den Kopf, doch durften sie sich nicht ablenken lassen. „ Ein Schritt nach dem anderen.“ hatte Sykes immer gesagt.
Hien robbte sich zu Wifi:
„ Leg los!“

Als es plötzlich an der Tür knarrte. Zügig wandte sich Hien wieder von ihr ab, ehe die Tür aufgeschoben wurde und der dicke Mann hinein trat. Er lief geduckt und schloss in einer schnellen Bewegung wieder die Tür hinter sich. Mit einigen tapsigen Schritten ging er unsicher auf die Marines zu und erklärte:
„ Wir haben nicht viel Zeit. Die Situation ist außer Kontrolle geraten!“
Zügig machte er sich daran, das Squad von den Fesseln zu befreien, während er beiläufig, sich zu erklären versuchte:
„ Ich wusste nicht das es so enden wird! Sie hatten mir gesagt, dass sie die Opfer in Grenzen halten würden, aber ich wusste ja nicht!…… Jetzt waren die Vanduul schon hier, hätten uns beinahe gefunden!“
Sobald der dicke, glatzköpfige Mann Hien’s Fesseln gelöst hatte, sprang Hien sofort auf und drückte den Mann gegen die Wand:
„ Wer sind sie?“
Zitternd riss dieser die Arme in die Höhe und antwortete eingeschüchtert:
„ Ich bin der Aufseher des Außenposten. Eduard Zimmens. Bitte, ich konnte ja nicht ahnen!“
„ Sie wussten Bescheid? Über diese ganze Scheiße?“
„ Ich….ich…..wollte doch nur das wir endlich sicher sind. Aber, es geht zu weit, ihr müsst etwas dagegen unternehmen.“
„ Sie haben den Tod von so vielen Menschen zu verantworten! Frauen, Kindern, nennen sie mir nur einen Grund, warum ich sie nicht auf der Stelle töten sollte!“
„ Ich wollte nicht das es soweit kommt. Viktor und Bower sind außer Kontrolle, sie sehen nicht das alles in Flammen aufgehen wird. Sie denken immer noch, dass der Widerstand die Vanduul zerschlagen kann, sobald die UEE versagt hat. Dieser Bower, er hat irgendwas vor. Er will nach Maza-City!“
Wifi mischte sich ein:
„ Maza? Dort ist die 4te. Er wird sie ebenso sabotieren! Genau wie uns!“
Rho brummte:
„ Na das wird ja immer besser.“
Alac stimmte ein:
„ Na, super. Wenigsten wird er keine Schwadron finden die er in die Scheiße reiten kann. Wie kann man eigentlich so viel Scheiße fressen? Das man zu so einem Scheißtyp wird?“
Die Lage wurde ernster. Es ging nicht mehr nur um ihre Einheit und so drückte Hien Zimmens noch fester gegen die Wand:
„ Wo ist unsere Ausrüstung?“
„ Gleich nebenan! Ich führe sie hin!“
Hien drückte ihn so fest gegen die Mauer wie er nur konnte und hatte Mühe, ihn nicht auf der Stelle zu erwürgen. Dieser Kerl war mit verantwortlich. Egal wie er nun versuchen würde zu sühnen, es würde keinen der Menschen zurück holen, die gestorben waren. Dass er sie befreit hatte, änderte auch nichts daran. Doch er ließ ihn los und befahl:
„ Rho, pass auf unseren Freund auf, bis wir hier raus sind. Wir holen unsere Waffen und machen das wir weg kommen!“
Das Squad sammelte sich an der Metalltür und Rho packte den weit kleineren Mann etwas ungehalten am Kragen. Hien schob vorsichtig die Tür auf und spähte um die Ecken.
„ Sauber!“

Sie brauchten nicht lange, ehe sie wieder ihre Ausrüstung erlangt und angelegt hatten, die in dem Nebenraum gelegen hatte. Hien wandte sich an Zimmens:
„ Gibt es einen Hinterausgang?“
Er nickte:
„ Folgen sie mir!“
Hastig machten sie sich auf und gingen durch weitere dunklere Gänge. Zimmens versuchte vergeblich seine getroffenen Entscheidungen zu erklären:
„ Sie haben mir damals gesagt, das die UEE nur scheitern muss, dann würde die Kolonie-Führung dem Druck nicht länger standhalten und wir würden uns unabhängig machen können. Als der Vanduul-Angriff begann, haben wir uns hier versteckt, niemand hat gesagt das sie den Handelsposten angreifen würden.“
Hien schnaubte verächtlich. Es ging ihm nur um seine eigene Haut. Er scherte sich einen Dreck um die Leute die noch draußen waren und sterben mussten. Nach einigen Minuten erreichten sie einen kleinen Korridor, in der eine Leiter nach oben führte. Hien wedelte mit dem Kopf um Alac zu signalisieren das er nachschauen solle, ob die Luft rein ist und nachdem er die Leiter hochgeklettert war und die Luke aufgeschoben hatte versicherte er:
„ Alles Sicher! Das ist der Ausgang.“
Hien wandte sich wieder zu Zimmens:
„ Auf die Knie!“
Beunruhigt tat er wie ihm befohlen und stammelte vor sich her:
„ Aber, ich hab euch befreit! Ich…….ich………ich werde Buße tun. Ich werde mich stellen!“
Hien zog seine Pistole, hielt sie dem Mann, der kniend auf dem Boden saß an den Hinterkopf und ein unbeschreibliches Gefühl machte sich in ihm breit. Seine Gedanken wurden umher gewirbelt und ein zorniges Pochen drang aus den Tiefen hervor. Wieder schossen ihm Bilder durch den Kopf. Leichen, Tote, und niemand hatte dafür bezahlt. Niemand ist dafür bestraft worden. Doch die Menschen die hier ihr Leben ließen, wenigstens sie würden Rechtschaffenheit erfahren.
„ Das reicht Richter!“
mischte sich Wifi ein:
„ Wir sind Soldaten, keine Mörder!“
Rho brummte gleichgültig:
„ Ach, knall ihn doch ab.“
Wifi war empört und bemühte sich nicht, das nicht zu zeigen:
„ Seit wann richten wir unbewaffnete Menschen hin?“
Alac mischte sich ein:
„ Na dann gib ihm doch eine Kanone, und erschieße ihn DANN!“
Inzwischen winselte Zimmens nur noch:
„ Bitte! Es tut mir leid!“
Wifi wurde spürbar wütender:
„ Geht’s noch? Wir sind Marines, wir haben einen Eid geleistet. Verdammt habt ihr das vergessen? Was ist nur mit euch los?“
Vorsichtig richtete sie sich mit gesenkter Stimme an Hien:
„ Er hat es verdient, das steht außer Frage. Aber wenn du das hier tust……….aus 2 mal Unrecht wird nicht einmal Recht. Du wolltest mein Vertrauen, also beweise jetzt, dass es gerechtfertigt ist!“
Hien verkrampfte. Wieso sollte er weiter leben wenn so viele andere sterben mussten? Es war nicht fair, es war nicht rechtens.
Hien hasste sich selbst, als er die Waffe herunter nahm und sich mit hängendem Kopf von Zimmens abwandte.
Wifi richtete sich an den Mann der kurz vor einem Zusammenbruch stand:
„ Gehen sie! Wenn das hier vorbei ist, werden sie sich vor dem Tribunal verantworten müssen.“
Er nickte und eilte überstürzt davon. Wifi wandte sich an Hien der es immer noch nicht wahr haben wollte, dass er ihn laufen lassen hatte:
„ Er wird zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn du deine eigene Moral über alles andere stellst, wird aus dir das Gleiche, wie die Leute, die das hier zu verantworten haben.“
Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und lächelte verständnisvoll. Hien schielte zu ihr rüber, doch blieb sein Blick weiterhin bedrückt:
„ Ich…….ich weiß nicht.“
Wifi, harkte nach:
„ Was ist los mit dir? Du bist doch sonst nicht so. Es kann doch nicht nur an der Verantwortung liegen die nun auf dir lastet. Denn du bist nicht allein. Diese Verantwortung tragen wir alle, und stehen das gemeinsam durch.“
Sie lächelte. Hien richtete sich wieder auf, sah Alac und Rho an, die ihm erwartungsvoll zunickten.
Doch Hien schwieg. Er wusste selber nicht was in ihm vorging. Alles kam ihm wie ein Deja Vu vor. Eine kleine Siedlung in den Bergen, Tod, Zerstörung. Eine Kolonie die im Stich gelassen wird. Als kämen diese Ereignisse direkt aus seinem Kopf, wie verblasste Erinnerungen. Doch seine Familie lebte, sie befand sich direkt neben ihm und verließ sich auf ihn.

Hien richtete sich wieder auf, Schüttelte sich alle schlechten Gedanken wieder aus dem Kopf und bekräftigte:
„ Ja, zusammen schaffen wir es!“
Alac meldete sich entnervt zu Wort:
„ Okey, haben wir es jetzt? Können wir jetzt anfangen Vanduuls, den Widerstandskämpfern und dem verdammten Spion ordentlich in die Suppe zu spucken?“
Rho knurrte:
„ Ja, ich hab da auch noch ne Rechnung offen! Niemand außer mir richtet ungestraft eine Waffe auf Alac!“
Alac lachte:
„ Hey großer, du hast ja doch was für mich übrig!“
Als Rho nur eine gleichgültiges brummen von sich gab, trat Hien vor:
„ Okey, wir holen uns die Freelancer und dann geht’s ab zur Schwadron!“
Alac erwiderte:
„ Ist das dein Plan? Du….“
Als Alac den Satz aussprechen wollte, fielen ihm alle drei ins Wort und klangen dabei wie ein Chor:
„ …glaubst doch nicht das es SO einfach werden wird!“
Alac hob die Arme in die Luft:
„ Meine Rede!“


// End Transmission

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